Katabasis: Ein Abtauchen in die Hölle
Nachdem Rebecca F. Kuangs Fantasy-Erfolg »BABEL« der literarische Roman »Yellowface« folgte, der mit der Verlagsbranche abrechnete, wurde nun endlich wieder ein Projekt veröffentlicht, in dem wir in fantastische Welt tauchen konnten – zugegeben, es war eher ein untertauchen, nämlich in die Hölle. Ein Experiment, das Kuang hier unternahm – doch so ganz geglückt, ist dies in meinen Augen nicht.
Werbung / Rezensionsexemplar
Wir werden direkt hineingeworfen in die Geschichte, in das Leben von Alice Law. Und besser hätte es Kuang kaum machen können, denn wir lernen die Protagonistin und die anderen Figuren im Laufe der Geschichte wirklich umfangreich kennen – und entdecken dabei wieder und wieder neue Facetten. Auch wenn ich persönlich Alices und Peters Motiv, den Gang in die Hölle anzutreten um ihren Professor zu retten, nicht nachempfinden konnte (und mich das etwas an Glaubwürdigkeit gekostet hat), war doch der erste Eindruck, dass ich mehr wissen möchte. Und das ist immer ein gutes Zeichen.
Was mich begeistert hat, waren die Überraschungen. Damit meine ich keine Plottwists, sondern die schon angesprochenen vielen Eigenschaften der Figuren, die Kuang uns nach und nach nahebringt. Selbst nach der Hälfte des Buches erfuhren wir neue Dinge, die die Figuren so liebenswert, herausragend und interessant machen, dass man sie wohl nie wieder vergessen wird.
»Sie liefen vor Satan davon. Sie rangen mit den Göttern. Aber niemand hatte die ungute Vorahnung erwähnt, den Schrecken, von etwas beobachtet zu werden, das nicht der Hölle selbst entsprang.«
Abseits von den Figuren empfand ich die Dialoge stimmig. Kuang versteht sich darauf, Gefühle in Worte zu verpacken und damit bildhafte Szenen zu kreieren – für meinen Geschmack manchmal sogar etwas zu detailliert. Denn für mich persönlich hätten es auch 200 Seiten weniger getan und die technischen Beschreibungen rund um Magie haben mich zum Teil gelangweilt – und zwar so sehr, dass ich am liebsten viele Seiten überspringen hätte. Auch die Tatsache, dass Kuang sich so mancher Klischees einer Heldenreise bedient hat und dadurch einiges vorhersehbar war, ließ meine anfängliche Begeisterung etwas abflachen. Das Grundkonzept, die Idee, viele kleine Elemente (zum Beispiel die Kreide) sowie das Ende fand ich wiederum grandios; das hätte für mich nicht anders sein dürfen.
Insgesamt überzeugt das Buch – zwar längst nicht so sehr wie ihre vorherigen Bücher – aber immerhin so sehr, dass ich gut unterhalten wurde und die Geschichte mitsamt ihren Figuren nicht vergessen werde.